Cladonia stellaris (L)
Rentierflechte
Schwedisch: Fönsterlav |
Flechten - Symbiose aus Pilz und Alge
Flechten sind eine Lebensgemeinschaft aus einem Pilz und einer Alge. Durch die Symbiose Alge-Pilz besitzt die Flechte Merkmale, die weder die Alge noch der Pilz alleine besitzen.
Das Flechtengeflecht - Erfolgreiche Arbeitsteilung
Das Pilzgeflecht dient dem Schutz vor Austrocknung und als Reservespeicherung. schließt die notwendigen Nährsalze auf und dient dem Schutz gegen UV-Licht und Fraßfeinde.
Der Algenpartner übernimmt die Photosynthese und versorgt den Pilz mit Kohlenhydraten. Mit all ihren gemeinsamen Merkmalen sind Pilz und Alge in Form der Flechte unschlagbar, was die Besiedlung lebensfeindlicher Orte anbelangt.
Fortpflanzung durch den Pilz
Alle Algenpartner der Flechten haben keine sexuelle Reproduktion. Nur der Pilz kann Fruchtkörper bilden, die mit dem Wind verbreitet werden. Verschiedene Flechten, wie z.B. die Rentierflechte verbreiten sich meist durch verschleppte, abgebrochene Thallusbruchstücke.
Flechten als Pioniere
Flechten sind Erstbesiedler extremer Standorte. Sie spielen eine Rolle in der Verwitterung der Gesteine, da die Hyphen in feine Risse eindringen können, während Flechtensäuren den Stein direkt angreifen. Es entsteht dadurch langsam ein humusreiches Substrat abgestorbener Flechten, auf dem sich höhere Pflanzen ansiedeln können. Unter klimatisch extremen Bedingungen sind sie allen anderen Pflanzen überlegen. Bestimmte Arten überleben lange Trockenperioden mit enormen Temperaturschwankungen. Andere Arten bewohnen die Tundren der Arktis, dort, wo wegen der zu kurzen Vegetationszeit keine Konkurrenz mehr vorhanden ist.
Flechten können überall dort existieren, wo höhere Pflanzen aufgrund ungünstiger Umwelt- und Standortbedingungen nicht dauerhaft existieren können.
Cetraria islandica, Cladonia rangiferina und andere Cladonia-Arten bilden die Hauptnahrung der Rentiere.
Vom Menschen genutzt
Die Flechten produzieren eine Reihe sekundärer Stoffwechselprodukte, die schon seit langem als Farbstoffe (Lackmus und Orseillefarben) und als Arzneimittel gebraucht werden. Isländisch Moos (Cetraria islandica) enthält Usninsäure, ein Antibiotikum, das häufig für die Bekämpfung von Hautkrankheiten und als tuberkulosehemmendes Mittel verwendet wird.
Klimaanzeiger
Bedeutung erlangen die Flechten auch immer mehr als Maßstab für die Luftverunreinigung, verursacht durch Schwefel. Die meisten Flechten sind sehr empfindlich gegen Schwefeldioxyd. Aufgrund einer Vegetationskarte der Flechtenarten eines Gebietes ist es möglich, frühzeitig genaue Prognosen über das Fortschreiten dieser Art von Verschmutzung zu machen.
Rentierflechte - Cladonia stellaris
Beschreibung
Die Rentierflechte Cladonia stellaris ist eine Strauchflechte mit gleichförmigen, dichten, 4-5-ästigen Verzweigungen (kein stärkerer Haupttrieb). Bei der ähnlichen Cladonia portentosa sind es meistens nur 3 Verzweigungen. Cladonia stellaris weist eine beinahe weiße Färbung der hohlen Stämmchen (Podetien) auf. Die Oberfläche ist matt und die Stämmchen tragen keine Blättchen oder Schuppen. Die Pflanze ist kuppelförmig gewölbt.
Vorkommen
Cladonia stellaris sind arktisch-boreal verbreitet. Der Schwerpunkt liegt im subkontinentalen Bereich der borealen Zone. Im Mitteleuropa und Deutschland ist die Art nur noch im (hoch)montanen-alpinen Lagen der Gebirge zu finden. Durch Biotopzerstörungen und -veränderungen sowie Schadstoffeinträge ist die Rentierflechte in den letzten Jahren von einem rapiden Rückgang betroffen. Die Art ist in Deutschland geschützt.
Verwendung
Die Rentierflechten sind besonders in den Wintermonaten ein bedeutender Teil der Nahrung von Rentieren. Sie benötigen etwa 2 kg Flechten (Trockengewicht) pro Tag. Da die Rentierflechte Kohlehydrate enthält, mischen die Eskimos sie mit Seehundfett und verfüttern das Gemenge an ihre Hunde, um Abwechslung in die stark eiweißhaltige Kost der Tiere zu bringen. Auch in Island wird Cladonia stellaris als Futter für Haustiere gesammelt.
Konservierte Rentierflechten werden (eingefärbt) als Bäume im Modellbau verwendet. Auch in Friedhofskränzen und Blumengestecken wird Cladonia stellaris verarbeitet.
Der radioaktive Fallout von Tschernobyl konnte sich besonders stark in Rentierflechten konzentrieren. Im Gegensatz zu Pilzen, die eine kurze Lebensdauer haben, blieben die Anreicherungen über Jahre in den Flechten erhalten. Skandinavische und sibirische Rentiere fraßen jahrelang die angereicherten Rentierflechten.
Wenn die Flechte trocken ist, bildet sie den reinsten Zunder für Waldbrände.
Quellen und weitere Informationen
Christof Suchentrunk, Untersuchungen an Flechten als Bioindikatoren für die Luftverschmutzung
Uni-Münster; Seite nicht mehr erreichbar
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich; URL: http://www.path-old.ethz.ch/courses/crypto/lich/lich150.htm, Seite mittlerweile nicht mehr erreichbar
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Aktualisiert am 21. Dezember 2020
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